Giebel: Architektonische Gestaltung und Funktion

Ein Giebel definiert sich nicht direkt als Teil des Daches, sondern eher als ein Wandelement, das zwischen zwei Dachflächen sitzt, typischerweise bei Satteldächern als charakteristisches Wanddreieck. Bei anderen Dachkonstruktionen variiert die Gestaltung des Giebels entsprechend. Er wird von zwei architektonischen Elementen eingerahmt: dem Ortgang, der zum Dachfirst führt, und einer imaginären Linie, die die Enden der Traufen verbindet; diese Linie markiert ebenfalls die Eckpunkte des Dachbodens.

In der Vergangenheit wurde der Dachgiebel häufig mit menschlichen Gesichtszügen verglichen und als die „Stirn“ des Hauses betrachtet, was zu einer aufwendigen Verzierung führte. Heutzutage präferiert die moderne Architektur eine schlichtere Ausführung dieses Bauelements. In Bezug auf die Positionierung eines Hauses wird der Terminus „Giebel“ auch verwendet, um dessen Ausrichtung zur Straße zu beschreiben – als giebelständig, wenn es mit der schmalen Seite, oder als traufständig, wenn es mit der langen Seite zur Straße ausgerichtet ist.

Bei Satteldächern spricht man von einem Spitzgiebel, während ein Krüppelwalmdach einen Trapezgiebel aufweist. Da ein Walmdach keine Giebel hat, da es komplett bis zur Traufe geht, fällt dieser weg. Ein Pultdach weist an der höchsten Fassadenseite einen Flachgiebel auf, der unten durch eine gedachte Linie zur gegenüberliegenden, tiefergelegenen Traufe begrenzt wird. Rund-, Bogen- oder Segmentgiebel sind typisch für Tonnen- oder Bogendächer und auch bei anderen Dachformen anzutreffen. Spezielle Anforderungen an die Dachform werden durch Knickgiebel erfüllt, die sich mit mehreren Winkeln anpassen. Ein Blend- oder Scheingiebel ist deutlich größer als das eigentliche Dach dahinter. Anbauten oder Vorbauten an der Längsseite eines Hauses können ebenso Giebel erzeugen, die quer zum Hauptgiebel stehen und als Zwerch- oder Mittelgiebel bekannt sind.

Ein Giebel über einem Mittelrisalit ist als Frontspitz oder Kapitänsgiebel bekannt, während ein Friesengiebel charakterisiert ist durch seine Dachflächen, die nahtlos bis zur Traufe des Hauptdaches reichen. Ein aus der norddeutschen Backsteingotik stammender Treppengiebel, dessen Stufen oder Zinnen oft den Ortgang und manchmal sogar den Dachfirst überragen, ist eine Mischform, die sowohl technische als auch dekorative Elemente vereint.

Obwohl der Giebel zu den ältesten Bauelementen zählt, hat sich seine Funktion heutzutage meist auf praktische Notwendigkeiten beschränkt, wie beispielsweise bei Sattel- oder Krüppelwalmdächern. Der Schwerpunkt liegt nun vermehrt auf einer effizienten Dämmung des Giebels, um den Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) gerecht zu werden.