In der aktuellen Debatte um den Wohnungsmangel und die Bevölkerungszunahme hat Bundeskanzler Scholz Pläne vorgestellt, in Anlehnung an den Bauboom der 1970er Jahre, neue Stadtteile auf bisher unbebauten Flächen zu schaffen. Diese Initiative stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung. Der Präsident des Naturschutzbundes (NABU), Jörg-Andreas Krüger, äußerte sich bestürzt über diese Vorhaben.
Krüger kritisiert, dass die Strategie, nach dem Muster der 70er Jahre Land zu bebauen, vorrangig das Artensterben und die Klimakrise verschärft. Nach seiner Ansicht verfehlt der Bundeskanzler das Ziel einer ausgewogenen Lösung und ignoriert die tatsächlichen Ursachen der Wohnproblematik. Zu diesen gehören ein gestiegener Wohnflächenverbrauch pro Person, überholte und komplexe Baugesetze, Personalmangel in Behörden, fehlende Fachkräfte, Rohstoffknappheit sowie Spekulationen auf dem Immobilienmarkt. Seiner Meinung nach führt Flächenversiegelung zu einer rückwärtsgewandten Politik, die den Herausforderungen der Gegenwart nicht gerecht wird und zukünftige Generationen mit noch größeren Problemen konfrontiert.
Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie sieht vor, den Flächenverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar täglich zu senken – aktuell liegt dieser bei 55 Hektar. Trotz des Baus von 2,5 Millionen Wohnungen seit 2014 und einer Bevölkerungszunahme um 2,2 Millionen ist Wohnungsnot besonders in Großstädten ein drängendes Thema. Eine Ausweitung von Baugebieten, die dann mit Einfamilienhäusern bebaut werden, ist nicht die Lösung.
Es existieren alternative Möglichkeiten: Die Tichelmann Deutschlandstudie 2019 der TU Darmstadt weist ein Nachverdichtungspotenzial im Bestand von 2,3 bis 2,7 Millionen Wohnungen aus. Zusätzlich sind laut Deutschlandatlas derzeit etwa 1,7 Millionen Wohnungen ungenutzt. Die Chancen, die sich durch die Umnutzung von Büroflächen nach der Corona-Krise ergeben, sowie Möglichkeiten für vereinfachte Dachaufstockungen sind von der Politik bislang nicht aufgegriffen worden. Diese Optionen könnten einen Beitrag zur Entspannung des Wohnungsmarktes leisten, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Der Autor des Originalartikels hebt hervor, dass eine nachhaltige und zukunftsorientierte Lösung für die Wohnungsnot gefunden werden muss, die nicht auf Kosten der Umwelt und der nachfolgenden Generationen geht.
